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Uwe Sange, Sylvia Heidemann

 

Faux Pas de deux

1976, 16 mm (1:1,33), Farbe, 58 Min.

Regie, Buch, Schnitt, Produktion: Lothar Lambert. Kamera: Reza Dabui. Ton: Shazi Dabui. Musik: Jan Berger.

Darsteller: Sylvia Heidemann, Uwe Sange, Claudia Barry, Beate Hasenau, Harry Jensen [d.i. Harry Puhlmann], Robert Cutts, Bernd Lubowski, Anita Sander sowie Hirosh.

 

Auf Sylvia Heidemann und ihre Verbindung zu diesem, von ihr wesentlich finanzierten Film wird in „Verdammt in alle Eitelkeit“ Bezug genommen.

 

Kurzinhalt

Am Grab ihres Mannes lernt eine ältere Dame einen Friedhofsgärtner kennen. Sie will den jungen Mann, der aus „schwierigen“ Verhältnissen stammt und künstlerische Ambitionen zeigt, fördern und kauft ihn quasi seiner Mutter, bei der er bisher wohnt, ab. Er zieht in das gediegene Apartment der Dame, welche immer deutlicher zu erkennen gibt, daß ihre Liebe nicht nur mütterlicher Natur ist. Auch in anderer Hinsicht enttäuscht er jedoch ihre Erwartungen, und nach einem Sturz, durch den sie pflegebedürftig wird, erwächst ihm in der nun ständig anwesenden jungen Pflegerin eine Konkurrentin um Gunst und Geld der alten Dame.

 

Inhalt (ENTHÄLT SPOILER)

Der Film beginnt mit Kratzgeräuschen aus dem Off. Man sieht einen Friedhof, ein junger Mann harkt Laub zusammen. Eine ältere Frau kommt, legt Blumen an einem Grab nieder – jenem, wie sie später berichtet, ihres Gatten – und spricht den jungen Mann an: „Sie haben zarte Hände und ein gutes Profil – Sie sollten aus Ihrem Leben etwas machen.“ [weiter]

 

Lothar Lambert erinnert sich (2009)

Uwe Sange, bis heute ein guter Freund von mir, war als junger Mann befreundet mit der berühmten Tänzerin Yvonne Georgi. Das hat mich zu der Geschichte inspiriert. Sylvia Heidemann hat Geld dazugegeben, das sie als „Wiedergutmachung“ erhalten hatte: Als junge Frau hatte sie Schauspielerin werden wollen, war aber von den Nazis verfolgt worden und im KZ Theresienstadt gewesen. Sie hatte einen Film von mir gesehen und gefragt, ob sie auch einmal mitspielen dürfe. Sie wollte sich auch gleich finanziell beteiligen. Bei „1 Berlin-Harlem“ hab ich gesagt: Das ist nicht nötig, sie soll erstmal zeigen, ob sie spielen kann. Sie hat da ja diese kleine Szene in einem Lokal mit Ortrud Beginnen. In „Faux Pas de deux“ haben wir wie üblich improvisiert, Sylvia Heidemanns Dialoge kamen von ihr selbst. Teilweise habe ich ihr auch Sachen vorgegeben, aber sie hat dann etwas Eigenes daraus gemacht. Das Gedicht ist allerdings nicht von ihr, sondern aus einem Buch von Dagmar Beiersdorf, wie auch die in „Tiergarten“ verwendete Lyrik.

Das war ja nicht nur mein erster Film ohne Zobus, sondern auch mein erster in Farbe. Beziehungsweise er sollte es sein: Wenn sich dann ein Teil des als farbig deklarierten Rohfilms bei der Rückkehr aus dem Kopierwerk als Schwarzweißmaterial entpuppt, macht man eben einen Kunstgriff daraus. Erstmal war das aber ein Schock. Und auch nachdem wir es entdeckt hatten, wußten wir ja nicht, welche Rollen Schwarzweißfilm enthielten. Wenn es jetzt so scheint, als hätte es da ein Konzept gegeben, welche Szenen farbig sind, welche schwarzweiß und nachträglich monochrom eingefärbt – das ist in Wahrheit reiner Zufall.

Nicht nur anzudeuten, daß die ältere Frau und der junge Mann auch ein intimes Verhältnis miteinander haben könnten, wäre womöglich provokanter gewesen. Kann sein, daß Sylvia Heidemann keine Sexszenen oder Nacktauftritte machen wollte, das weiß ich nicht mehr. Aber ich kam auch gar nicht auf die Idee, so etwas einzubauen. Ich wollte zeigen: Das ist mein eigener Film, und der ist anders, als die drei mit Zobus waren.  

 

Kritische Anmerkungen

Lamberts erster „eigener“ Film (ohne Beteiligung von Wolfram Zobus) war zugleich sein erster Film in Farbe. Die nachträgliche Einfärbung (Viragierung) der unfreiwillig in Schwarzweiß gedrehten Einstellungen erfolgte ohne allzu deutlich erkennbares Konzept. Wieder wurde die – betont schnörkellose – Handlung kapitelähnlich durch Zwischentitel gegliedert. Wieder fand auch für ein frühes Lambert-Werk verhältnismäßig viel Originalton Verwendung. Dabei wäre es möglicherweise klug gewesen, gerade die in Schuß-Gegenschuß-Montagen ausgeführten Dialogpassagen lieber so zu gestalten, wie Lambert es in der Folgezeit immer häufiger getan hat: Nicht den Sprechenden, sondern den Angesprochenen zu zeigen. Merkt man doch in „Faux Pas de deux“ bei diesen Sequenzen recht deutlich, daß eben keine Gespräche aufgenommen wurden, sondern erst der eine Akteur seinen Dialogteil sprach, später der andere und dies dann am Schneidetisch zusammengefügt wurde. Zumal die Spielweise der beiden Protagonisten höchst unterschiedlich war: Derweil Uwe Sange seine Sätze lediglich aufsagte (dies allerdings konsequent), gab sich Sylvia Heidemann mit souveränem Overacting wie eine Norma Desmond für Arme.

Daß die Beziehung zwischen der älteren Dame und dem jungen Mann auch intimerer Natur sein könnte, vermag der Zuschauer bestenfalls zu vermuten. „Faux Pas de deux“ verzichtet nicht nur auf die aus den Lambert/Zobus-Werken bekannten Nuditäten, sondern auch auf den dort, teils recht offenherzig, wenn nicht gar demonstrativ hergezeigten Sex. Im Gegenteil: Ein Annäherungsversuch von Uwe an Charlotte wird ebenso bereits im Ansatz erstickt wie einer von Detlef (dargestellt von jenem Harry Puhlmann, der für „Nachtvorstellungen“ eine wichtige Rolle spielen sollte) an Uwe. Ein neues, fortan bei Lambert immer wieder auftauchendes Element ist das Spiel mit Geschlechterrollen oder zumindest die Verkleidung als Angehöriger des jeweils anderen Geschlechts. In „Faux Pas de deux“ wird es verbunden mit dem bei Lambert – einer persönlichen Vorliebe entsprechenden – Motiv des Tanzes, welcher hier einer der beiden Hauptfiguren ein glückliches Ende beschert. Und zwar buchstäblich.

J.G. 

 

 

Plakat zur Erstaufführung (das Kino Colonna heißt heute Xenon)